Therapy-Slang: Trigger

Wie oft haben Sie in Ihrem Umfeld schon gehört: „Das hat mich getriggert“ oder „Das war ein Trigger für mich“? Solche oder ähnliche Aussagen tauchen immer häufiger in den EAP-Beratungen auf, z. B. wenn Klient:innen von Konflikten in wichtigen Beziehungen berichten.

 

Sophia Arnaudov, Sprechstunde-Beraterin bei INSITE, führt uns in diesem Beitrag näher an die Bedeutung des Begriffs heran.

 

Das Wort „triggern“ hat als einer der häufigsten Begriffe seinen Weg aus dem Bereich der Psychologie in die Alltagssprache gefunden. Auch in Werbung und Marketing weiß man um das Platzieren von Triggern, um ein erwünschtes Handeln zu bewirken. Im alltäglichen Sprachgebrauch erhält die Verwendung des Begriffs mittlerweile oft auch eine negative Konnotation. Es wird mitunter als Synonym verwendet für „das regt mich auf“, „das lässt mich an die Decke gehen“. Auch wird es konfrontativ in Auseinandersetzungen verwendet, z. B. im Sinne von: „Ach, regt dich das auf? Triggert dich das etwa?“ Manchmal werden auf diese Weise Einwände abgetan oder verharmlost.

 

Aber was genau verbirgt sich aus psychologischer Sicht hinter diesem Begriff? „Triggern“ bedeutet so viel wie „auslösen, aktivieren“. Ursprünglich wurde der Begriff für technische Ereignisse verwendet, die eine Reaktion erzeugen, von denen man nicht genau weiß, woher sie kommen. In der Psychologie wird der Begriff „Trigger“ im übertragenen Sinne für Schlüsselreize verwendet, die etwas Angeborenes oder Erlerntes in uns auslösen.[1]

Spricht man davon „getriggert zu werden“, sind damit zum einen angeborene, instinktive und starke Reaktionen auf Hinweise auf Gefahrensituationen gemeint. Zum anderen können bestimmte Sinneseindrücke auch erst im Laufe des Lebens zu individuellen Triggern werden. Wir können sie sozusagen erlernen. Trigger in diesem Sinne sind Reize, die unangenehme Gefühle oder Erinnerungen in uns wecken. Dafür müssen wir in dem entsprechenden Moment nicht unbedingt klar zuordnen oder verstehen können, warum dies gerade passiert. Aber es entstehen in uns starke Gefühle, die in ihrer Intensität oder Ausformung nicht unbedingt nur mit der auslösenden Situation erklärbar sind. Es gibt dafür in uns liegende Gründe und Erfahrungen. In extremem Ausmaß kann so etwas auch nach einer Traumatisierung der Fall sein. Bestimmte Aspekte erinnern dann an das Trauma und lösen bei den Betroffenen die Gefühle aus, die sie während der traumatischen Situation erlebt haben. Es ist, als würden sie die traumatische Situation erneut durchleben.

 

Aber auch weniger drastische Auslöser in unserem bisherigen Leben können für uns als Trigger fungieren. Das können z. B. verletzende Erfahrungen mit wichtigen Bezugspersonen, v. a. in der früheren Lebensspanne sein. Reize, die als Trigger fungieren, können jeglicher Art sein: Es können bestimmte Orte, Gerüche und Geräusche sein, Jahreszeiten oder Daten, äußerliche Merkmale einer Person, aber auch einzelne Sätze, die in irgendeiner Verbindung mit dem damals Erlebten stehen.

 

Meistens werden Menschen von einem solchen Trigger überrascht, geradezu physisch und psychisch überrollt. Betroffene beschreiben häufig Empfindungen wie zu erstarren, zu versinken, den Boden unter den Füßen zu verlieren, nicht mehr atmen zu können. Gerade weil die Auslöser so individuell sind und nicht nur mit dem aktuellen Ereignis zu tun haben, sind diese Reaktionen für Außenstehende manchmal nur schwer verständlich. Auch Betroffene selbst haben nicht immer unmittelbar Zugang zu den Verursachern, also den Triggern, oder zu den dahinterstehenden Gründen. All dies führt nicht selten zu Konflikten oder Streits in Beziehungen.

 

Umso hilfreicher kann es daher sein, sich selbst gut zu reflektieren, um herauszufinden, was einen in bestimmten Situationen „immer wieder triggert“. Auch kann es bei Konflikten mit anderen helfen, diesen zu erklären, was mit einem gerade innerlich passiert ist. Es kann deeskalierend sein, zu verstehen, dass der andere nur der Auslöser, aber nicht der Grund für die eigene Reaktion war.

 

Wenn bestimmte Reaktionen immer wieder in uns entstehen und unseren Alltag oder unsere Beziehungen erschweren, kann es sinnvoll sein, Hilfe von außen zu suchen. Im Rahmen einer Beratung oder Therapie können eigene Trigger identifiziert und im besten Falle erarbeitet werden, wie man sich vor solchen Reaktionen besser schützen kann. Handelt es sich um Trigger vor dem Hintergrund einer erlebten Traumatisierung, ist häufig eine Psychotherapie zu empfehlen. In einer Psychotherapie wird darauf hingearbeitet, das Erlebte anders im Gedächtnis abzulegen. Es geht darum, die Erinnerung an das Ereignis zwar nicht als schön zu empfinden, aber dennoch dafür zu sorgen, dass die Erinnerung daran nicht mehr solch heftige Gefühlszustände nach sich zieht. Ziel ist es, die Erfahrungen integriert in sich abzulegen und damit besser leben zu können.

 

Worin besteht aber nun die Gefahr, wenn wir einen Begriff wie „Trigger“ gedankenlos verwenden?

Thomas Weber, Psychologe und Geschäftsführer des Zentrums für Trauma- und Konfliktforschung in Köln, hat hier eine prägnante Antwort parat:

 

„Die Verächtlichmachung von einzelnen Begrifflichkeiten dient nicht der Verarbeitung von traumatischen Ereignissen, sondern führt eher zu einer Reaktivierung der traumatischen Erfahrung. Bei dem Begriff „Trigger“ ist die Entwicklung da ähnlich wie beim Begriff „Opfer“, der schon länger auch als Schimpfwort oder als Abwertung benutzt wird, gerade in den sozialen Medien.“[2]

 

Vielleicht dürfen wir uns erlauben, Begriffe wie „triggern“ in ihrem wirklichen Sinne zu verwenden und ernst zu nehmen als Hinweis darauf, dass etwas schwer zu Kontrollierendes, Wuchtiges in uns vorgeht? Und vielleicht können wir darauf hinarbeiten, solchen Äußerungen oder Reaktionen bei anderen helfend oder annehmend statt abwertend oder verteidigend zu begegnen?

 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute beim Erkennen ihrer eigenen Triggerpunkte und vielleicht auch Milde beim Erahnen dieser bei anderen.

 


[1] Stangl, W. (2023, 12. Februar). Trigger – Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik.
lexikon.stangl.eu/21840/trigger.

 

[2] www.spiegel.de/psychologie/trigger-warnungen-psychologe-erklaert-wann-und-inwiefern-sie-sinnvoll-sind-a-39b38eab-e1d3-42a4-b501-75637bbb343f